Nun ist es also vorbei. So schnell ging das.
30 Tage, vergangen wie im Flug. 30 sehr intensive Tage, mit vielen tollen Begegnungen und interessanten Gesprächen.
Wie ist das, wenn man 30 Tage lang jeden Tag einen Menschen fotografiert, den man vorher noch nie gesehen hat? Wie wird sich das anfühlen, wie wird es sich entwickeln? Diese Frage habe ich mir vor rund einem Monat gestellt und entschieden, es einfach einmal auszuprobieren.
Seit jeher ist das ein Thema in der Fotografie. Unter Fotografinnen und Fotografen, aber auch unter den Menschen, die sich fotografieren lassen sollen. Kann man einen fremden Menschen fotografieren? Muss man ihn vorher fragen und wenn er die Erlaubnis erteilt, muss man dann einen Vertrag dabei haben, der erst unterschrieben werden muss, bevor es ans Fotografieren geht?
Rechtlich ist die Sache klar. Vereinfacht gesagt: Jeder hat das Recht am eigenen Bild. Niemand darf gegen seinen Willen fotografiert werden, es sei denn, er ist Teil einer größeren Gruppe und als Einzelperson nicht herausgehoben.
Manch einer fotografiert trotzdem und handelt sich bisweilen deshalb Ärger ein. Ich gehöre nicht zu diesen Fotografen. Ich respektiere, dass jeder selbst entscheiden kann, ob sie oder er sich fotografieren lässt und ob das Bild veröffentlicht werden darf. Aber muss man deshalb immer gleich einen Vertrag dabei haben, den man sich unterzeichnen lässt? Könnte man meinen, gerade in unserem bürokratischen Land, bei dem eigentlich alles und jedes mit irgendeinem Formular abgesegnet sein muss.
Der Start
Ich wollte es wissen. Und deshalb habe ich mich aufgemacht, einen Monat lang jeden Tag einen Menschen zu fotografieren, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Ohne Vertrag, die mündliche Erlaubnis würde mir reichen. Und auch ich würde nur mündlich versichern, dass mit den Bildern kein Unfug passiert. Ich war sehr gespannt darauf, was passieren würde. Und ich wurde positiv überrascht.

Meine Regeln
Ich hatte mir für meinen Vorgehen einige Regeln selbst auferlegt: Wie schon erwähnt, durfte ich die Person vorher noch nie gesehen haben. Ich habe die Fotos immer auf meinen Spaziergängen gemacht und wichtig war mir, dass ich schon von weitem entschieden habe, wen ich anspreche. Ich wollte nicht durch einen freundliches Lächeln meines Gegenüber beeinflusst werden nach dem Motto, diese oder jener wird schon mitmachen. Des Weiteren mussten die Personen alleine unterwegs sein, damit ihnen niemand in die Entscheidung hineinredet.
Wenn Du nochmal lesen möchtest, wie alles begann: Hier habe ich über die Idee und hier über den Start des Projekts geschrieben.
Und so habe ich mich dann aufgemacht, damals am Tag eins, an dem ich Hannah kennengelernt habe. Und an 29 weiteren Tagen mit 29 weiteren Begegnungen. Mit Gesprächen, mal kürzer, mal länger. Und mit interessanten Geschichten von Menschen, die mich an ihrem Leben ein bisschen haben teilhaben lassen.
Die Geschichten der Menschen
Ich habe Jürgen kennengelernt, den fröhlichsten Mitarbeiter der SWK Herford. Und Alisher, der vom den Krieg in seinem Heimatland, der Ukraine nach Deutschland geflohen ist. Katharina, die ihre Freundin bei deren Hochzeit überrascht hat und Sebastian, der nach einem schweren Unfall dabei war, im Berufsleben wieder Fuß zu fassen. Klaus auf dem Weg zur Party und Philipp, der seinen Sohn zur Kita gebracht hat und nun auf dem Weg ins Homeoffice war.
Viele weitere Geschichten und viele interessante Gespräche hatte ich in diesen 30 Tagen.

Nun ist das Projekt also beendet. Das ist auch gut so, denn der Reiz einer solchen Sache liegt auch darin, dass sie einen Anfang und eben auch ein Ende hat. Also spreche ich jetzt nicht mehr jeden Tag einen Menschen an und bitte um ein Foto. Aber ich vermisse es, irgendwie. Manchmal kommt mir jemand entgegen und ich denke, die oder den würde ich jetzt eigentlich ansprechen. Vielleicht würden wir ins Gespräch kommen und vielleicht wäre es wieder eine schöne Begegnung.
Auf der anderen Seite habe ich jetzt auch wieder mehr Freiheit. Man muss den Tag schon manchmal ganz schön um dieses Foto herumplanen. Wenn man viele andere Termine hat, und zusätzlich noch ein Foto gemacht, bearbeitet, betextet und hochgeladen werden will, dann ist das manchmal anspruchsvoll.
Mein persönlicher Wow Faktor
Zum Start des Projektes wollte ich wissen, wie bereitwillig Menschen sich fotografieren lassen. Womit ich nie gerechnet hatte, waren die Reaktionen der Leute, die sich die Ergebnisse angeschaut haben. So viel Rückmeldung habe ich bekommen. Menschen die jeden Tag gespannt auf das nächste Bild und die nächste Geschichte gewartet haben.

Manchmal habe ich auch Nachrichten bekommen wie “die kenne ich” oder” das war mal mein Nachbar”. Und zum Ende des Projekts waren viele Menschen tatsächlich genauso traurig wie ich, dass es vorbei war. Und auch dankbar dafür, dass sie an so vielen Geschichten teilhaben durften. Das war eine sehr tolle Erfahrung und ich freue mich darüber, dass ich so viele Menschen mit 30 Tage 30 Fotos eine Freude machen konnte.
Das nächste Projekt
Und was kommt jetzt? Auch das bin ich mittlerweile schon des öfteren gefragt worden.
Ja, es wird kommen, das nächste Projekt. Ich habe schon eine Idee, muss das aber noch ein bisschen weiter denken und ausarbeiten. Und über ungelegte Eier soll man ja nicht reden. Also schauen wir mal.
Auf bald.